Irland

Es gibt keine Fremden, sondern nur Freunde, denen wir noch nicht begegnet sind.

IRISCHE WEISHEIT

Das erste, was ich beim Blick aus dem Flugzeug von Irland sehe, ist ein Fleckerlteppich aus grünen Wiesen und hellbraunen Feldern, begrenzt jeweils durch grüne Hecken- und Baumreihen. Es ist wunderschön, ich bin verliebt. So schnell kann das gehen.

Irland empfängt mich freundlich, die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau, als ich aus dem Flugzeug steige. Später am Busterminal wird ein völlig fremder Busfahrer aussteigen, zu mir herüber laufen und mich fragen, ob er mir irgendwie helfen kann. Ich bin angekommen.

Während der Busfahrt nach Wicklow dann die nächste Überraschung. Es steigt eine Gruppe älterer Damen ein, eine davon setzt sich zu mir, erzählt mir ihre Geschichte. Sie spricht langsam mit mir, nicht in diesem irischen Slang, den ich schlecht verstehe. Sie erzählt von ihrem Mann, von ihrer gemeinsamen Zeit an der Ostsee und in Wien. Alle ihre Freundinnen verlassen den Bus wieder, sie bleibt sitzen bis zu meinem Ziel – Wicklow Monuments, damit sie mir zeigen kann, wo genau ich aussteigen muss.

Es ist nicht nur die Landschaft, die mich gefangen nimmt, es sind auch die Menschen. Es gibt kein schöneres Willkommen in einem fremden Land. Mittlerweile regnet es, mal heftiger, mal nur ganz fein. Das ist ungewöhnlich, denn oft regnet es nur ein paar Minuten und plötzlich scheint die Sonne wieder. Ich kann nicht still sitzen, ich möchte das Land sehen. Wir gehen zusammen spazieren. Wir laufen am Ufer des Vartry Reservoires in Roundwood entlang, eingepackt in unsere Regenjacken und freuen uns über die vielen Grüntöne und das mystische Licht. Zur Feier des Tages gehen wir ins Pub und essen die weltbesten Chicken Wings.

Ich möchte Dublin sehen. Und ich bin begeistert von dieser faszinierenden Stadt. Ich sehe überall nur Blumen, selbst an den Laternenmasten hängen Geranien in Hülle und Fülle.  

Ich esse das beste Eis der Welt, die Auswahl fällt schwer, aber ich wähle BLACK FOREST. Hmmm. Die Menschen kommen mir entgegen und lächeln mich an. Gott, ist diese Stadt schön.

Ich laufe durch Straßen mit wunderschönen Häusern, sehe alte Backsteinbauten mit imposanten Treppenaufgängen, immer wieder Pubs mit diesem unverwechselbaren Flair der guten, alten Zeit, ich sehe bunt bemalte Fassaden, prachtvolle Schaufensterauslagen und immer wieder Blumen. 

Heute schlendere ich durch die Straßen von Wicklow, ich bin noch nicht lange hier und doch fühle ich mich hier heimisch. Ich laufe durch die Straßen, die ich inzwischen schon kenne, erkunde neue Gassen und schleiche an farbenfrohen Gärten um die Häuser, sitze auf einer Bank und sehe den Wasservögeln zu.

Die Burgruine Black Castle hat es mir angetan. Von der von Normannen erbauten Burg Ende des 12. Jahrhunderts sind dank ständiger Angriffe lokaler Stammesfürsten nur noch wenige Mauerfragmente übrig geblieben. Wenn man still ist und ganz genau hinhört, spürt man noch diese alten Zeiten. Ich laufe diesmal noch ein Stückchen weiter und finde eine kleine Bucht, nicht länger als vielleicht 10 Meter, aber der perfekte Ort, um auszuruhen, still zu sein, den Wellen zu lauschen und die Gedanken fliegen zu lassen.

Ein wunderschöner Weg führt mich an den Strand von Magheramore, ein Paradies für Surfer. In diesen Tagen herrscht hier die absolute Ruhe. Es ist unbeschreiblich schön hier.

Der Strand von Magheramore – unbeschreiblich.

Die Sonne strahlt vom Himmel und ich fahre mit dem Bus nach Bray. Dort laufe ich auf dem Bray Head Cliff Walk, ein Weg, der mit Worten kaum zu beschreiben ist. Die Küste bietet ständig neue Ausblicke, ich sehe Seehunde und Cormorane und wie überall hier in Irland blühen die wilden Montbretien in einem leuchtenden Orange, perfekt abgestimmt auf die grünen und grauen Farbtöne von Gras und Felsen.

Es zieht mich nach Glendalough, ein von St. Kevin im 6. Jahrhundert gegründetes Kloster. Auch hier spüre ich das Mittelalter, vielleicht liegt es an den dunklen Mauern, vielleicht aber auch am mittlerweile dunklen Himmel mit den imposanten Wolkenbergen.

Beim Gang über den Friedhof findet man an manchen Gräbern Blumen und ich bin überrascht, ich hatte hier keine Blumen erwartet, wirkt das Ganze doch wie aus einer anderen Zeit.

Der Name Glendalough bedeutet im Irischen „Tal der zwei Seen“. Ich möchte sie beide sehen, den Upper Lake und den Lower Lake. Ich laufe durch dieses Tal und finde dort atemberaubende Landschaft und paradiesische Stille, soweit das Auge reicht. Ich gehe langsam und es stellt sich ein Gefühl absoluter Gelassenheit ein.

Zum Abschluss gehen wir noch ein Stück den St Kevin’s Way, der dreißig Kilometer lange Pilgerweg führt durch die traumhaften Wicklow Mountains nach Glendalough. Den ganzen Weg können wir heute nicht mehr gehen, aber es gibt auch so für mich wieder eine Fülle an Eindrücken, die erst einmal verarbeitet sein wollen.

Nun nehme ich leise Abschied von diesem überwältigenden Land. Ich gehe noch einmal nach Wicklow, laufe noch einmal den Strand entlang. Ich beobachte das Meer, das seine Wellen über die Steine schwappen lässt und ich sitze noch einmal am Black Castle und meiner kleinen Lieblingsbucht.

Am Abend noch einer dieser atemberaubenden Strände – Brittas Bay, ein vier Kilometer langer Strandabschnitt an der Küste der Irischen See, etwa 12 Kilometer südlich von Wicklow. Hier muss man sich Zeit nehmen, langsam gehen, dem Wind lauschen und das gewaltige Naturschauspiel der Wolken am Himmel in sich aufnehmen. Es ist ein guter Ort, um Abschied zu nehmen von Irland. Wir sehen uns wieder. Ganz bestimmt.

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