Gedanken


November 2025 |

Warum ich jedes Wetter liebe

Ich möchte ohne Sonne nicht sein. Wie viele andere Menschen auch. Sonnendurchflutete Tage lassen mein Herz höher schlagen, meine Energie wachsen. Sie machen mich lebendig. Aber immer nur Sonne, immer nur das, was wir landläufig unter schönem Wetter verstehen, muss ich nicht haben. Als ich ein paar Fotos meines Urlaubs zeigte, kamen immer mal Bemerkungen wie „Da war ich auch schon, aber wir hatten gutes Wetter“. Bitte, was ist das eigentlich, GUTES Wetter? Und warum muss immer „schönes“ Wetter sein?

Darunter versteht natürlich fast jeder etwas anderes. Vor ein paar Jahren war ich im Winter joggen, es hatte kalte 3 Grad und kaum hatte es zu regnen begonnen, goss es auch schon wie aus Kübeln. Ich war klatschnass, Schuhe, Socken, alles war durch. Da kam mir ein Mann entgegen, der seinen Hund an der Leine führte. Wir grüßten kurz und begannen beide gleichzeitig zu sprechen. Er verzog das Gesicht und meinte „Sch… Wetter“ und ich sagte mit einem Strahlen im Gesicht „Geil, oder??“ Ja genau, so unterschiedlich denken wir Menschen über das Wetter. Wer hat nun Recht? Beide, würde ich sagen.

Ich habe mich entschieden, einfach jedes Wetter zu mögen, denn ändern kann ich es Gott sei Dank nicht. Und natürlich spreche ich hier von unserem ganz normalen Alltags-Wetter, nicht von den furchtbaren Naturkatastrophen. Aber warum macht mir Schmuddelwetter nichts aus, selbst wenn es viele Tage nicht besser wird? Was hab ich davon?

Ein heftiger Wind pfeift und treibt die Wolken vor sich her. Sie jagen über mich hinweg. Meine Jacke habe ich bis oben hin zugeknöpft, die Hände in die Taschen vergraben, meine Mütze tief ins Gesicht gezogen. So laufe ich eine lange Runde spazieren, fühle mich als Teil dieser grandiosen Natur, nicht nur als Zuschauer. Es belebt meine Sinne. Weil unser Leben nun mal nicht nur auf sonnigen Pfaden verläuft. Es wirbelt uns auch im Alltag manchmal heftig durch die Gegend, lässt uns nur mit Mühe das Gleichgewicht halten. So kann ich mich vom Wind schieben und meine Gedanken und manchmal eben auch Sorgen wegwehen lassen.

Der Sommer ist quirlig, er entführt uns in Schwimmbäder und an sonnige Strände, ins Café und in Biergärten. Wir lassen uns mitziehen von einer Lebenslust, die uns herumwirbelt. Diese Wochen sind herrlich und heiß ersehnt. Und manchmal auch ein bisschen anstrengend. Irgendwann geht dann der Sommer vorbei. Anfangs mit wundervollen Altweibertagen, mit Spinnweben, die in der Sonne glitzern. Morgens und abends braucht man schon eine leichte Jacke, die Temperaturen geben nach. Und ehe man sich versieht, ist es Herbst. Und der Herbst fordert heraus. Er schenkt uns Fülle im Übermaß, Farben, die kaum zu beschreiben sind. Wenn dann die Sonne scheint, bringst sie ein Leuchten und Glühen, das unsere Seelen erwärmt. Gleichzeitig will im Garten alles wieder verräumt werden, was sich im Sommer aufgebaut hat. Das Laub fällt, letztes Gemüse wird geerntet und haltbar gemacht, Blumentöpfe und Wasserfässer werden gesäubert, die letzten Gießkannen verräumt. In diesen Wochen scheinen die Aufgaben kein Ende nehmen zu wollen. Diese Phase fordert noch einmal alles von mir.

Und dann kommen die kalten Tage. Regentage. Nebel liegt über den Feldern. Und in mir breitet sich gleichzeitig ein Gefühl der Ruhe und Dankbarkeit aus. Nach dem Aufräumen draußen beginnt nun das Aufräumen im Innen. Das Tagwerk ist vollbracht, nun kann ich ernten. Wenn es langsam dunkel wird, der Regen an die Fensterscheiben prasselt oder Schnee in dicken, weißen Flocken langsam zur Erde schwebt, dann ist das meine Zeit. Das liebe ich. Ein Innehalten, zurückziehen, ausruhen. Bis es dann wieder „rauswärts“ geht, wenn die Sonne dann endlich wieder öfters scheint und alles wieder zu blühen beginnt. Ein immer währender Kreislauf der Natur, den ich nicht nur mag, sondern wirklich auch brauche.

An himmelblauen Tagen Landschaften fotografieren geht relativ einfach. Das Licht passt und alles erstrahlt in vollen, satten Farben. Ich kann es dann natürlich auch nicht lassen, immer wieder auf den Auslöser meiner Kamera zu drücken. Doch diese Bilder bleiben selten so fest verankert in den Erinnerungen wie diese anderen Momente, wenn der Wind pfeift und die See tobt , wenn Wolkenfetzen leicht wie Federn durch die Täler ziehen, wenn vereinzelte Sonnenstrahlen bunte Flecken auf die Wiesen malen. Dann stehe ich staunend da und kann mich einfach nicht sattsehen an den Elementen der Natur. Das will ich festhalten, davon möchte ich Geschichten erzählen, meine Gefühle in die Bilder bringen. Das erfüllt mich.

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